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Die zentrale Driftkammer (CDC)

 

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Abbildung 2.5:   Zentrales Au+Au Ereignis bei 1AGeV mit 58 identifizierten Teilchen. Gezeigt ist eine Projektion auf die Ebene senkrecht zur Strahlachse. Die ungekennzeichneten Spuren stammen von Protonen. Die Zahl der Hits in der CDC von etwa 4700 wird durch die in Abbildung 2.7 gezeigte Ambiguität von Hit und Spiegelhit verdoppelt. Aufgabe der Trackingprogramme ist es in dieser Hitmenge Spuren zu erkennen. In diesem Fall wurden 86 Spuren gefunden. Um aus dieser Menge die falsch identifizierten Spuren (entweder Spiegelspuren oder falsch kombinierte Hits) auszuschließen, wurde der Abstand vom gemeinsamen Vertex auf 3cm begrenzt, was die Spurmultiplizität auf 58 reduzierte. Ausgeschlossen werden hierdurch auch sekundäre Zerfälle, die aber in diesem Zusammenhang nicht interessieren. Besondere Schwierigkeiten stellen aufspiralende Teilchen dar (meist Pionen) wie oben links gut sichtbar. Hits außerhalb der Kammer werden von Spiegelspuren erzeugt (siehe Abbildung 2.6).

  figure132
Abbildung 2.6:   Spiegelspuren in der CDC: Weil nur die Driftzeit aber nicht die Driftrichtung in der CDC bekannt sind, gibt es zu jedem Hit einen Spiegelhit und damit zu jeder Spur eine Spiegelspur. Aus diesem Grund sind die Sektoren in radialer Richtung um 8 tex2html_wrap_inline2073  gedreht. Dadurch zeigen die Spiegelspuren nicht auf das Target. Eine weitere Möglichkeit der Identifikation besteht darin, daß sich aufgrund der Kammergeometrie -- wie rechts angedeutet -- Spiegelhits außerhalb der Kammer befinden können.

  figure136
Abbildung 2.7:   Staggering in der CDC: Die Zähldrähte sind gegen die Zähldrahtebene um 220 tex2html_wrap_inline2145 m versetzt, um eine bessere elektrostatische Stabilität zu gewährleisten. Dieses hilft zusätzlich bei der Identifikation von Spiegelspuren, die an den großen mittleren Abständen der Hits zur Spur erkannt werden können. Die hierfür erforderliche Ortsauflösung beträgt etwa 400 tex2html_wrap_inline2145 m.

Die CDC deckt den Laborwinkel von 30 tex2html_wrap_inline2073  bis ca. 140 tex2html_wrap_inline2073  ab. Sie ist eine zylindrische Driftkammer mit 960 Zähldrähten, die in 16Sektoren mit je 60Drähten angeordnet sind. Sie wird bei Atmosphärendruck (leichter Überdruck) mit einer Mischung aus 88%Argon, 10%Isobutan und 2%Methan betrieben. Die 30 tex2html_wrap_inline2145 m starken Zähldrähte haben einen Abstand von 10mm zueinander. Sie werden auf beiden Seiten von einem in [Goe92] und [Häf92] beschriebenen 100MHz Flash ADC (FADC) System ausgelesen. Die FADCs verfügen über 1024 Kanäle, die zyklisch gefüllt werden. Bei 100MHz (10ns pro Kanal) können Pulse aus einem maximalen Zeitraum von 10 tex2html_wrap_inline2145 s gespeichert werden, wobei die maximale Driftzeit in der CDC etwa 5 tex2html_wrap_inline2145 s beträgt. Die Pulse werden zwar mit 8Bit digitalisiert aber wegen der nichtlinearen Kennlinie der FADC-Verstärker erreicht man einen dynamischen Bereich von ca. 10Bit. Zur Rauschunterdrückung werden nur Pulse oberhalb einer über Software einstellbaren Schwelle berücksichtigt. Diese digitalisierten Pulse werden dann vom in Kapitel 2.11 beschriebenen CDC-VME System weiterverarbeitet.

Dieses VME-System führt eine Pulsformanalyse durch und berechnet die Driftzeit und das Integral der Pulse.

Aus der Driftzeit wird zusammen mit der Driftgeschwindigkeit und dem Lorentzwinkelgif die x/y-Position (senkrecht zur Strahlrichtung) des Hits in der Kammer bestimmt. Die z-Koordinate (in Strahlrichtung) erhält man aus dem Verhältnis der Ladung, die auf beiden Drahtenden gemessen wurde. Da die Ladung (das Integral der Pulse) schlechter bestimmt ist, als die Ankunftszeitgif, ist diese Koordinate und damit die Rekonstruktion des Emissionswinkels in Strahlrichtung mit einer größeren Unsicherheit behaftet. Angestrebt wird bei der x/y Koordinate eine Auflösung von tex2html_wrap_inline2159 =300 tex2html_wrap_inline2145 m. Für die z-Koordinate läßt sich durch die Ladungsteilung unter optimalen Bedingungen etwa 1% der Drahtlänge (bei den äußeren Drähten tex2html_wrap_inline2159 =2cm) erreichen [Pro88].

Da nur die Driftzeit, aber nicht die Driftrichtung bekannt ist, existiert zu jedem Hit ein Spiegelhit und damit zu jeder Spur eine Spiegelspur auf der gegenüberliegenden Seite der Zähldrahtebene. Für Spuren, die eine Sektorgrenze kreuzen, ist die Unterscheidung zwischen Spur und Spiegelspur einfach, da die Spiegelspur an der Sektorgrenze endet. Um für Spuren, die innerhalb eines Sektors verlaufen, die in Abbildung 2.6 gezeigte Ambiguität zu beseitigen, sind die Sektoren radial um 8 tex2html_wrap_inline2073  gedreht.

Die Spiegelspuren lassen sich identifizieren, da sie deshalb nicht mehr auf den gemeinsamen Vertex des Ereignisses zeigen.

Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit bietet das in Abbildung 2.7 gezeigte Staggering, dem Versatz der Zähldrähte um 220 tex2html_wrap_inline2145 m gegen die Zähldrahtebene zur Verbesserung der elektrostatischen Stabilität. Dadurch zeichnen sich Fits von Spiegelspuren immer durch große mittlere Abstände der Hits von der Spur aus. Dieser Effekt kann aber nur dann erfolgreich ausgenutzt werden, wenn die Ortsauflösung mindestens in derselben Größenordnung ( tex2html_wrap_inline2169 400 tex2html_wrap_inline2145 m) liegt wie das Staggering.

  figure148
Abbildung 2.8:   Teilchenidentifikation mit der CDC: Aufgetragen ist das Impuls zu Ladungsverhältnis p/q gegen den über die Spur gemittelten Energieverlust dEdx. Die Linien sind die berechneten Energieverluste für die jeweiligen Teilchen, die sich aus angepaßten Bethe-Bloch Kurven nach Gleichung 2.1 ergeben. Oben ist die erreichte Massenauflösung gezeigt. Bis zu Deuterium ist eine Identifikation gut möglich, durch Extrapolation auch noch für Tritium. Heliumisotope sind zwar zu erkennen, aber eine Identifikation ist wegen der in diesem Experiment erreichten Auflösung der Kammer noch nicht durchführbar. Oberhalb eines Impulses von etwa 700MeV/c lassen sich die positiven Pionen nicht mehr eindeutig von den Protonen trennen. Die Identifikation der positiven Pionen beschränkt sich daher auf Impulse unterhalb von 650MeV/c.

Nach der in Kapitel 3.2 beschriebenen Spurerkennung folgt die in Abbildung 2.8 gezeigte Teilchenidentifikation. Aus dem Radius der durch das Magnetfeld gekrümmten Spur und dem Emissionswinkel  tex2html_wrap_inline2003 zur Strahlachse läßt sich das Impuls zu Ladungsverhältnis (p/q) des Teilchens bestimmen. Zusammen mit dem über die Spur gemittelten Energieverlustgif läßt sich die Teilchenidentifikation durchführen. Sie erfolgt über die Teilchenmasse, die mit Hilfe von Bethe-Bloch Kurven [Par92] berechnet wirdgif. Diese Kurven werden mit nur zwei Parametern (P1,P2) angepaßt:

  equation158

mit:

tex2html_wrap_inline2175 :
Avogadrosche Zahl: 6.022*10 tex2html_wrap_inline2177 mol tex2html_wrap_inline2179
tex2html_wrap_inline2181 :
Ruhemasse des Elektrons: tex2html_wrap_inline2169 0.511MeV
tex2html_wrap_inline2185 :
klassischer Elektronenradius: tex2html_wrap_inline2187
z:
Ladung des durchfliegenden Teilchens
Z:
Ladung der Teilchen des Zählgases (Argon Z=18)
A:
Masse der Teilchen des Zählgases (Argon tex2html_wrap_inline2189 g/mol)
I:
Ionisationskonstante tex2html_wrap_inline2191 eV
tex2html_wrap_inline2193 :
Dichtekorrektur für den Energieverlust

Der erste Parameter P1 dient lediglich der Normierung, da der Energieverlust der Teilchen unkalibriert ist. Der zweite Parameter P2 war notwendig, weil der Anstieg der Teilchenäste bei kleinen Impulsen weniger steil ist, als der durch die Bethe-Bloch Parametrisierung berechnete. Der Dichteeffekt tex2html_wrap_inline2195 spielt nur bei sehr hohen Energien eine Rolle und wird vernachlässigt.

Die mit dieser Parametrisierung erreichte Massenauflösung ist in Abbildung 2.8 oben gezeigt. Die Trennung von Pionen, Protonen und Deuteronen ist gut möglich. Die Identifikation von Tritonen erfolgt über eine Extrapolation mit Hilfe der Bethe-Bloch Kurven. Der Ast der Heliumisotope läßt sich zwar durch diese Parametrisierung beschreiben, aber die Auflösung der Kammer ist für eine Trennung der Heliumisotope nicht ausreichend. Die Teilchenidentifikation selber geschieht über Fenster im Massenspektrum. Für die positiven Pionen gibt es einen zusätzlichen Schnitt im Impuls bei 650MeV/c, um eine Kontamination durch Protonen zu vermeiden.


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Chris Pinkenburg
Fri Aug 23 16:35:45 CST 1996